Als mein Sohn Anton das erste Mal einen Bogen in der Hand hielt und seine erste Pfeilspitze den Himmel durchquerte, sah ich in seinem Gesicht ein Strahlen. Aber als der Bogen nach dem Schuss plötzlich auf den Boden fiel, war er zunächst irritiert. Wie ich erklärte, ist dieses Verhalten eine gängige Praxis im Bogenschießen und hat seine Gründe in den physikalischen Eigenschaften von Bogen und Pfeil. Aber beginnen wir zunächst mit einer kurzen Einführung in die Physik des Bogenschießens.
Wenn ein Bogenschütze den Bogen zieht, speichert er Energie im Bogen. Diese Energie wird dann schnell freigesetzt, um den Pfeil zu beschleunigen. Aber wo genau geht diese Energie hin, wenn der Bogen losgelassen wird? Ein Teil der Energie wird definitiv dazu verwendet, den Pfeil voranzutreiben, aber der Rest? Es stellt sich heraus, dass ein guter Teil dieser Energie auch in Form von Schwingungen auf den Bogen selbst übertragen wird. Und genau diese Schwingungen können den Bogen zum Fall bringen.
Die Schwingungen, von denen ich spreche, könnten Sie als das "Nachleben" des Schusses bezeichnen. Sie entstehen, wenn die gespeicherte Energie im Bogen plötzlich freigesetzt wird und führen dazu, dass der Bogen in der Hand des Schützen hin und her schwingt. Diese Schwingungen können jedoch gemindert werden, und das ist genau der Grund, warum Bogenschützen den Bogen fallen lassen.
Nach dem Schießen des Pfeils hält der Bogenschütze den Bogen nicht mehr fest, sondern lässt ihn leicht los, wodurch er in der Hand "schwingen" kann. Diese Bewegung absorbiert einen Teil der Schwingungen und verhindert, dass sie sich auf den Schützen übertragen. Das Erkennt man leicht, wenn man den Unterschied zwischen einem "fallenden" und einem festgehaltenen Bogen beobachtet - der festgehaltene Bogen scheint nach dem Schuss stark zu vibrieren, während der fallende Bogen ruhiger und kontrollierter wirkt.
Eine Frage könnte Sie jetzt beschäftigen: Wie beeinflusst dieses "fallende Bogen"-Phänomen die Treffgenauigkeit des Schützen? Die Antwort liegt darin, wie das Loslassen des Bogens tatsächlich dazu beiträgt, diesen wichtigen Aspekt zu verbessern.
Nehmen wir an, Anton hält nach dem Abschießen den Bogen fest. Die Schwingungen des Bogens würden sich dann auf seinen Körper ausbreiten und möglicherweise eine ungewollte seitliche Bewegung des Bogens bewirken. Das könnte dazu führen, dass der Pfeil vom intendierten Pfad abweicht. Wenn er jedoch den Bogen "fallen" lässt, absorbiert der Bogen diese Schwingungen und hält den Pfeil auf Kurs. Eine einfache, aber effektive Technik!
Aber "den Bogen fallen lassen" bedeutet nicht einfach, ihn fallen zu lassen und auf den Boden krachen zu lassen. Vielmehr handelt es sich um einen kontrollierten "Freifall" innerhalb der Hand des Schützen. Der Bogen bleibt dabei immer in Kontakt mit der Handfläche des Schützen, was ihm mehr Kontrolle und Balance gibt und gleichzeitig die Energieaufnahme erleichtert.
Es ist wichtig zu verstehen, dass jeder Bogenschütze seinen eigenen Stil hat und diese Technik somit individualisiert. Einige bevorzugen es vielleicht, den Bogen stark fallen zu lassen, um die maximale Schwingungsdämpfung zu erzielen, während andere es bevorzugen, den Bogen nur leicht fallen zu lassen, um mehr Kontrolle zu behalten. Es ist eine Frage der persönlichen Präferenz und der Anpassung an die jeweilige Schusstechnik.
Der geübte Bogenschütze plant den "Fall" des Bogens schon vor dem Schuss. Er kennt genau das Gewicht und das Gleichgewicht seines Bogens und bereitet sich auf das Fallenlassen vor, indem er den Bogen auf eine bestimmte Art und Weise hält. Er positioniert seine Finger so, dass sie in der Lage sind, den Bogen nach dem Schuss zu "fangen" und dabei die Schwingungen zu absorbieren.
Als mein jüngerer Sohn Leonard zum ersten Mal versuchte, den Bogen fallen zu lassen, ließ er ihn tatsächlich auf den Boden fallen! Mit einigen Tipps und Übungen hat er aber schnell gelernt, wie man den Bogen richtig fallen lässt und dadurch seine Treffgenauigkeit verbessert hat.
Wie bei allem im Leben hat auch diese Methode ihre Vor- und Nachteile. Einer der größten Vorteile des "Fallenlassens" ist, wie bereits erwähnt, die verbesserte Treffgenauigkeit. Es kann auch dazu beitragen, Ermüdungserscheinungen bei längerem Schießen vorzubeugen, da das Fallenlassen des Bogens weniger Kraft erfordert als das Festhalten.
Andererseits kann das Fallenlassen, wenn es nicht richtig ausgeführt wird, den Bogen beschädigen oder die Sicherheit gefährden. Unkontrolliertes Fallenlassen oder Fallenlassen in unsicheren Zuständen kann dazu führen, dass der Bogen herumfliegt oder auf den Boden schlägt. Außerdem erfordert dieses Manöver Übung und Veläuft am Anfang sicherlich nicht immer reibungslos, genauso wie bei Leonard. Aber mit Übung und Geduld kann sich das Fallenlassen als sehr wertvolle Fähigkeit im Bogenschießen erweisen.
Um diese Methode wirklich zu verstehen, empfehle ich Ihnen, sie selbst auszuprobieren. Ob Sie nun ein erfahrener Bogenschütze oder ein Anfänger wie meine Söhne sind, das Fallenlassen des Bogens kann Ihre Treffgenauigkeit verbessern und Ihnen ein tieferes Verständnis für die dahintersteckende Physik geben.
Ich ermutige Sie, experimentieren Sie mit unterschiedlichem Druck und Positionen in der Hand und beobachten Sie die Reaktionen des Bogens und des Pfeils. Lassen Sie den Bogen nach dem Schuss einfach fallen und beobachten Sie, wie sich dieser kleine Trick auf Ihre Schusspräzision auswirkt. Viel Spaß dabei!